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CDDY mit IVDD-Risiko und CDPA

Der Zwergwuchs vieler kurzbeiniger Hunderassen beruht auf den FGF4-Retrogenen in:

  • Chromosom 18 (FGF4-L1) und 
  • Chromosom 12 (FGF4-L2). 

In Rassen mit besonders kurzen Beinen (Teckel, Basset, Corgi, Skye Terrier) liegen beide Retrogene vor, die in diesen als Basis des Rassestandards weitgehend fixiert sind.

Molekulargenetisch äußert sich dies in vorwiegend reinerbigen (homozygoten) Erbanlagen; selten sind mischerbige Tiere. Paaren sich solche, sind reinerbig - normale Nachkommen möglich. 

 

Das FGF4-L1 Retrogen führt zu einer Entwicklungsstörung mit Fehlbildungen des Knorpels (Chondrodysplasie - CDPA). Hauptwirkung ist die Verkürzung der Gliedmaßen, ohne dass Gesundheitsprobleme damit verbunden wären. In mischerbigen Tieren ist die Verkürzung weniger ausgeprägt. 

 

Die Wirkung von FGF4-L2 ist eine Chondrodystrophy (CDDY), bei der die Zusammensetzung des Knorpelgewebes gestört ist. Neben der dosisabhängigen Verkürzung der Gliedmaßen, geht damit eine, ebenfalls dosisabhängige, frühzeitige Degeneration der Bandscheiben einher. 

Bei bestimmten Rassen gilt das Vorhandensein von FGF4-L2 als Veranlagung für das Entstehen der IVDD-Typ 1 (IVDD = Intervertebral Disc Disease, “Bandscheibenvorfall”). 

Vorkommen und Häufigkeit von FGF4-L1 und FGF4-L2

Eine Untersuchung zum Vorkommen der beiden FGF4-Retrogene bei verschiedenen Rassen findet sich in: Embersics et al., 2024 (Link)

Daraus ein Auszug:

Häufigkeit des Vorkommens in ausgewählten Rassen
RasseFGF4-L2% FGF4-L1
Teckel95%98%
Basset Hound79%89%
Pembroke Welsh Corgi84%98%
Skye Terrier77%100%
Französische Bulldogge92%0%
English Cocker Spaniel96%0%
Pudel (Zwerg, Toy)60%11%
Pudel Standard10%0%
Nova Scotia Duck Tolling Retriever35%0%
Golden Retriever6%0%
Airdale Terrier5%0%

Klinische Bedeutung von CDPA | CDDY -IVDD - Intervertebral Disk Disease

Die CDPA wird autosomal-dominant vererbt, so dass eine einzelne FGF4-L1 Erbanlage ausreicht, um verkürzte Gliedmaßen zu bewirken. Bei den meisten Rassen wirken jedoch weitere Faktoren/Gene bei der letztendlichen Ausprägung des Phänotyps mit. Bei den stark kurzbeinigen Rassen ist dies vor allem FGF4-L2.

Die FGF4-L1 Anlage wird auch als CD-Locus bezeichnet. 

Inwieweit eine FGF4-L2 bedingte CDDY zu einer Verkürzung der Gliedmaßen beiträgt und die Entstehung einer IVDD-Typ1 begünstigt, hängt stark von den einzelnen Rassen ab. 

Hunde der Rasse Nova Scotia Duck Tolling Retriever, in denen FGF4-F1 nicht vorkommt, zeigen zum Beispiel eine starke Assoziation zwischen dem Vorhandensein von FGF4-L2 und dem Auftreten einer IVDD. (Bianchi et al., 2023).

In den Hunderassen, in denen FGF4-L2 weitgehend fixiert ist, wie z.B. bei Teckeln, tritt zwar eine höhere Rate an IVDD-Fällen auf, doch können diese auf Grund des gegebenen Missverhältnisses von klinischem Auftreten (4-20 % je nach Rasse und Land) und Häufigkeit der FGF4-L2-Anlage (>95%), nicht durch das Vorhandensein von FGF4-L2 erklärt werden.

Es wird vermutet, dass diese Rassen von Tieren geprägt wurden, die über bisher nicht bekannte Erbanlagen verfügen, mit denen die schädliche Wirkung auf die Bandscheiben weitgehend kompensiert werden kann.

Klinische Unterscheidung von IVDD Typ 1 und IVDD Typ 2

 

IVDD Typ 1

  • Degeneration und Verkalkung aller Bandscheiben (Intervertebral Discs) treten bereits bei jungen Hunden auf.
  • Infolge des Elastizitätsverlustes kann der äußere Faserring, der den gallertartigen Kern einer Bandscheibe umgibt, reißen.
  • Durch den Riss tritt der Inhalt der Bandscheibe explosionsartig aus und drückt auf das Rückenmark.
  • Typ 1 verläuft daher akut mit plötzlichen Schmerzen und Lähmungen

 

IVDD Typ 2

  • Bei IVDD Typ 2 verliert der äußere Faserring der Bandscheiben seine Festigkeit und der gallertartige Kern drückt den Faserring auf das Rückenmark.
  • Dies führt zu Schmerzen und Lähmungen.
  • Die Symptome entwickeln sich allmählich und nehmen mit der Zeit zu.
  • Der anhaltende Druck beeinträchtigt die Blutversorgung und führt oft zu bleibenden Nervenschäden.
  • Meist sind nur einzelne Bandscheiben betroffen.
  • Derzeit gibt es keinen Mutationstest für IVDD Typ 2.

von IVDD-Typ 1 betroffene Rassen

Rassen, bei denen laut Brown et. al  (2017) die Mutation mit dem Auftreten des Bandscheibenvorfalls Typ 1 segregiert. Zu beachten ist, dass diese Untersuchungen auf Populationen in den USA/Nordamerika beruhen und nicht ohne weiteres auf andere Populationen übertragbar sind.

Eine neuere Untersuchung (Bruun et al, 2020) kam so zu dem Schluss, dass ein Test auf FGF-L2 als Risikofaktor für das Entstehen einer IVDD-Typ 1 bei Teckeln nicht aussagefähig ist. 

  • American Cocker Spaniel
  • Basset Hound
  • Beagle
  • Cardigan Welsh Corgi
  • Chesapeake Bay Retriever
  • Chihuahua
  • Coton de Tulear
  • English Springer Spaniel
  • Französische Bulldogge
  • Jack Russel Terrier
  • Zwergschnauzer
  • Nova Scotia Duck Tolling Retriever
  • Pekinese
  • Pembroke Welsh Corgi
  • Pudel (Zwerg)
  • Portugisischer Wasserhund
  • Scottish Terrier
  • Shih Tzu

Testempfehlungen

Teckel, Basset, Corgi, Skye Terrier

 

Der Test auf FGF4-L2 [CDDY - IVDD] ist auf Grund der weitgehenden Fixierung der Anlage nicht geeignet das Risiko für das Entstehen einer IVDD zu erheben.

Nutzbar ist der Test, um eventuell gezielt nach Tieren zu suchen, die mischerbig für FGF4-L2 oder gar reinerbig frei von FGF4-L2 sind. Diese Tiere zeigen längere Gliedmaßen im Vergleich zu den Tieren mit reinerbiger FGF4-L2 Anlage.

 

Test im Shop

 

Der Test auf FGF4-L1 (CDPA) kann wie der Test auf FGF4-L2 dazu eingesetzt werden, nach Tieren zu suchen, die eventuell mischerbig für FGF4-L1 sind. 

FGF4-L1 gilt als die wesentliche genetische Grundlage für die Ausbildung der rassetypischen Statur von Teckeln und ist entsprechend weitgehend reinerbig vorkommend (98% Allelhäufigkeit). 

Nova Scotia Duck Tolling Retriever

 

Der Test auf FGF4-L2 [CDDY - IVDD] ist nützlich zur Bestimmung des Risikos für das Entstehen einer IVDD.

 

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Genotyp und Laborbefund bei CDDY mit IVDD-Risiko

Erbgang: autosomal-semi-dominant (CDDY) / unvollständig autosomal-dominant (IVDD)

 

Der Hund hat verkürzte Beine (CDDY), deren Länge von der Anzahl der Kopien der Mutation abhängt. Das Risiko, eine IVDD Typ 1 zu entwickeln, ist erhöht, wenn eine Kopie (n/CDDY) oder beide Kopien des Gens (CDDY/CDDY) von der Mutation betroffen sind. Hunde, die keine Kopie der ursächlichen Mutation haben (n/n), haben keine erhöhte Anfälligkeit für einen Bandscheibenvorfall Typ 1.

 

Risiko

Mit dem Test wird untersucht, ob der Hund die Insertion des FGF4-Retrogens auf Chromosom 12 trägt. Mit den derzeit verfügbaren Daten ist es noch nicht möglich, das Risiko des einzelnen Tieres zu messen, tatsächlich eine IVDD zu entwickeln. 
 

Genotypen:

n/n = genetisch normal

Der Hund hat keine verkürzten Beine, wie sie durch die FGF4-Insertion auf Chromosom 12 verursacht werden, und er hat keine zusätzliche Veranlagung für die Entwicklung von IVDD Typ 1. Er kann dies daher nicht an seine Nachkommen weitergeben.

 

 n/CDDY = verkürzte Beine, erhöhtes Risiko für IVDD

Der Hund hat eine Kopie der Mutation. Er hat verkürzte Beine und eine erhöhte Anfälligkeit für IVDD Typ 1. Die Mutation wird an 50 % der Nachkommen weitergegeben.

 

CDDY/CDDY = kurze Beine, erhöhtes Risiko für IVDD

Der Hund hat kurze Beine und ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von IVDD. Die Mutation wird zu 100 % an die Nachkommenschaft weitergegeben.
 

Empfehlungen für die Zucht

Bei der Verpaarung von zwei betroffenen Tieren (n/CDDY oder CDDY/CDDY) besteht die Wahrscheinlichkeit, dass jeder Welpe eine oder zwei Kopien der Mutation (n/CDDY oder CDDY/CDDY) und damit ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von IVDD erbt. Dies sollte bei der Zuchtplanung berücksichtigt werden. Tiere mit Symptomen sollten von der Zucht ausgeschlossen werden.

Literatur

Embersics C, Bannasch D, Batcher K, et al. Association of the FGF4L2 retrogene with fibrocartilaginous embolic myelopathy in dogs. J Vet Intern Med. 2024; 38(1): 258-267. doi:10.1111/jvim.16925

 

Bianchi CA, Marcellin-Little DJ, Dickinson PJ, Garcia TC, Li CF, Batcher K, Bannasch DL. FGF4L2 retrogene copy number is associated with intervertebral disc calcification and vertebral geometry in Nova Scotia Duck Tolling Retrievers. Am J Vet Res. 2023 Jan 26;84(3):ajvr.22.09.0167. doi: 10.2460/ajvr.22.09.0167. PMID: 36662606.

 

Bruun, C.S., Bruun, C., Marx, T., Proschowsky, H.F., Fredholm, M.: Breeding schemes for intervertebral disc disease in dachshunds: Is disc calcification score preferable to genotyping of the FGF4 retrogene insertion on CFA12? Canine Med Genet 7:18, 2020. Pubmed reference: 33292664. DOI: 10.1186/s40575-020-00096-6.

 

Batcher, K.; Dickinson, P.; Giuffrida, M.; Sturges, B.; Vernau, K.; Knipe, M.; Rasouliha, S.H.; Drögemüller, C.; Leeb, T.; Maciejczyk, K.; et al. Phenotypic Effects of FGF4 Retrogenes on Intervertebral Disc Disease in Dogs. Genes 2019, 10, 435. https://doi.org/10.3390/genes10060435

 

Brown, E.A., Dickinson, P.J., Mansour, T., Sturges, B.K., Aguilar, M., Young, A.E., Korff, C., Lind, J., Ettinger, C.L., Varon, S., Pollard, R., Brown, C.T., Raudsepp, T., Bannasch, D.L.: FGF4 retrogene on CFA12 is responsible for chondrodystrophy and intervertebral disc disease in dogs. Proc Natl Acad Sci U S A 114:11476-11481, 2017. Pubmed reference: 29073074. DOI: 10.1073/pnas.1709082114.

 

Weitere Informationen sind auf der Webseite Online Mendelian Inheritance in Animals verfügbar.

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